GERMANY

in meinem kopf


Trauma, Träume, Tränen .............

LOVE? ..... at work

 

die gnade der späten geburt

zum verständnis der texte:
ich bin vaterlos in einer familie, die aus mutter und großeltern bestand, aufgewachsen

 

zu den mahlzeiten saßen meine mutter, großeltern und ich zusammen am esszimmertisch, es wurde von ihnen fast nur über krieg geredet ...

eine schwester meines großvaters hatte ein sauber gemaltes bildnis des führers hinter dem küchenschrank versteckt, das bei renovierungsarbeiten herunterfiel ...

mein großvater hielt in seinem schreibtisch einen prächtigen bildband über die neue reichskanzlei versteckt ...

auf dem rauchertisch stand der ´gerettete´ aschenbecher von hans heinrich lammers, weißes porzellan mit einem großen edelweißdekor, wie man mir erzählte, der lieblingsblume des führers...

als einem der letzten gelang es meinem großvater, den führerbunker zu verlassen und sich auf den weg zur alpenfestung zu machen ...

je nach windverhältnissen konnte man in der uelzener osterstraße im herbst die uelzener zuckerfabrik riechen; auch von den unvorstellbaren zuständen im nahen konzentrationslager bergen-belsen wusste man wohl, ich erinnere mich an eine aussage meiner großmutter, dass man das lager habe riechen können, was sich wegen der entfernung wohl eher auf folgende tatsache bezog:
"Am 15. April 1945 wurde das Konzentrationslager Bergen-Belsen durch die britische Armee befreit. Die Briten brannten wegen der großen Seuchengefahr alle Lagerbaracken ab."
zitat: ann-kathrin brocks (17 jahre) © www.rainbowkids.de

Das Konzentrationslager Bergen-Belsen

Das Lager Bergen-Belsen wurde in den Jahren 1935/36 gegründet, diente jedoch zu dieser Zeit noch nicht als Konzentrationslager, sondern war erst eine Barackensiedlung, wurde dann zu einem Truppenübungsplatz, und diente schließlich ab 1940 als Kriegsgefangenen- und später als Lazarettlager.
Das Lager ist insgesamt wesentlich kleiner als Auschwitz und hat auch nur fünf kleine Nebenlager: Das "Häftlingslager", das "Sonderlager", das "Neutralenlager", das "Sternelager" und das "Ungarnlager".
Der wohl größte Unterschied zum Lager Auschwitz ist der der Organisation. Bergen-Belsen war nicht in vergleichbarer Weise durchorganisiert, es gab nicht einmal ein Kanalisationssystem oder Waschanlagen und auch keine Gaskammern und Verbrennungsöfen. Die Leichenberge, die in den Jahren 1944 und 1945 zum Alltag gehörten, entstanden in Belsen durch die entsetzlichen Zustände, die nur schwer zu beschreiben sind. Es gab nicht genügend Baracken für die gegen Kriegsende zu Zehntausenden eintreffenden Häftlinge der Todesmärsche, und es musste im Freien, in Zelten und in Laubhütten kampiert werden. Zudem wüteten Seuchen und andere Krankheiten (vor allem Typhus), die sich aufgrund sehr mangelhafter Hygiene ungehindert ausbreiten konnten.
Die Tatsache, dass kurz vor der Befreiung des Lagers durch die Engländer Essen, Trinken und Medikamente zurückgehalten wurden, ließ viele Weitere, die es geschafft hatten, bis zu jenem Zeitpunkt zu überleben, an Hunger und Erschöpfung sterben und führte in einigen Fällen sogar zu Formen des Kannibalismus. In unserem Gespräch sagte Frau Lasker-Wallfisch diesbezüglich: "In Auschwitz wurde fabrikmäßig gemordet, in Belsen brauchten sie kein Gas."
Nach der Befreiung wurde Bergen-Belsen zu einem Lager für "Displaced Persons", zu denen auch Anita und Renate Lasker gehörten.
zitat aus: www.denktag.de

wie oft fiel der name globke, nicht hans globke, kollegen wurden von meinem großvater nur mit nachnamen genannt. die zwei kannten sich wohl aus dem berliner reichsinnenministerium, wo mein großvater, bevor er in die reichskanzlei versetzt wurde, als amtsrat oder im dienstgrad niedriger, wahrscheinlich als ehemaliger reichsbahner in einem für die reichsbahn zuständigen referat tätig war, hans globke als verwaltungsjurist in höherer position, als regierungsrat und später als ministerialrat. es verwundert mich oder auch nicht, dass sich die zwei im frühen nachkriegs deutschland im bonner bundeskanzleramt unter adenauer wiedertrafen, hans globke war dort ab 1949, mein großvater wohl ab 1950.

der name hans globke wird bei historikern im zusammenhang mit der rassengesetzgebung ab 1935 genannt. schwer nachvollziehbar ist für mich heute, dass sich adenauer vor den kanzleramtschef globke stellte, zu ihm hielt und mehr über globkes arbeit im dritten reich und sein verhältnis zu den nazis wusste, als bekannt war, und vielleicht auch ist.

mehrfach musste mein großvater vor gericht bei ermittlungsverfahren und prozessen über seine letzte berliner zeit aussagen, worüber er sich aber bei uns zu hause ausschwieg. ich erinnere mich an einen prozess in düsseldorf, wahrscheinlich den majdanek-prozeß ab 11.1975 (verhör von über 360 zeugen), zu dem mein großvater als über 80jähriger in grauem flanell mantel und grauem breitkrempigen filzhut fuhr, sich im zeugenstand sicherlich an wenig erinnern konnte, war ja auch zu lange her, und meine großmutter und mutter zu hause im sinne von ´hoffentlich geht das alles gut´ angst hatten.

immer wieder fällt mir bei meinen recherchen auf, dass mein großvater ´Willi Burgdorf´, tätig im weiteren hitler und adenauer umfeld, in seiner historischen präsenz wahrscheinlich der verwechslung mit ´wilhelm burgdorf´, general in direktem hitler umfeld, anheim gefallen ist. eine der wenigen ausnahmen bot die sternserie ´die letzten tage der reichskanzlei´, in der beide burgdorfs vorkamen.

als roman und geschichts motiv finde ich einen doppelt belegten und belebten namen interessant. es gab auch künstlerische aktionen von daniel spoerri mit menschen, die einen berühmten namensvetter hatten/haben: johann wolfgang goethe, karl marx, etc.

Hommage à Karl Marx (14.4.1978). Der Leiter der ehemaligen Kölner Werkschulen hieß Karl Marx. Ihm zu Ehren veranstaltete Spoerri mit Studenten ...

meine freunde und ich fuhren ins siebengebirge, um in den bachläufen und stollen stahlhelme und munition zu sammeln. ich erinnere mich an einen stahlhelm mit einschussloch im stirnbereich.
bunkererkundigungen, z.b. im unteren friesdorfer klufterbachtal, waren spannend, die luft in den gängen war stickig feucht, es hallte dumpf und tropfte von der decke.
wir liebten es, uns durch plötzliche schreie im dunkel des bunkers zu erschrecken, bei einer der dadurch ausgelösten fluchten fiel ein freund von mir in einen wasser-sammel-schacht im boden und verletzte sich an beiden beinen.
ich nahm dann heimlich die taschenlampe meines großvaters mit, olivgrün mit gerundeter abdeckklappe über dem lichtaustritt, wodurch licht nur indirekt nach unten scheinen konnte, ´um von den flugzeugen nicht gesehen zu werden´, und hochschiebbaren rot- und grünfiltern, für die große 4,5 volt batterie hatten wir natürlich kein geld.
oft spielten wir szenen aus den uns verbotenen landser heftchen nach, deren bunt und naiv gemalte umschlagbilder
von luft- und panzerkämpfen wir verschlangen.

In diesen heftchen, in denen die deutschen soldaten den zweiten weltkrieg immer und immer wieder gewannen und so zur mentalen bewältigung der niederlage beitrugen, die ja noch gar nicht so lange her war (zu dieser zeit etwas mehr als 10 jahre), kam in einer geschichte das wort spießrutenlaufen vor. so richtig konnten wir uns darunter nichts vorstellen. in einer der nächsten sportstunden am nicolaus cusanus gymnasium in bad godesberg mussten wir uns im sportunterricht nach abzählen 1,2,1,2,1,2... in zwei reihen im abstand von ungefähr einem meter gegenüberstehend aufstellen. wir lachten uns an, r. rief:„spießrutenlaufen!!!", worauf der sportlehrer mit zornesröte im gesicht auf r. zulief und und ihm eine gigantische backpfeife verpasste. Wir wussten eigentlich nicht so richtig, warum herr x. so in rage geraten war. auch wegen anderer vorfälle im sportunterricht habe ich seitdem, zumeist wegen der von sportlehrern verbreiteten durchhalte parolen und der an den tag gelegten körperbezogenheit, manchmal sogar eitelkeit, ein gespaltenes verhältnis zu sportlehrern.

pädagogisches handeln war ende der fünfziger vielen kollegen unbekannt, wir wurden hart geschlagen, ein grinsen genügte manchmal schon bei einem physiklehrer y, ein lateinlehrer z trat sogar auf einen schüler ein, der durch seine schläge zu boden gegangen war. die meisten lehrer waren alle soldaten gewesen und wohl strikten gehorsam gewohnt und keinen widerspruch. ein anderer lateinlehrer, der auch die box ag an der schule leitete, vertrat das pädagogische prinzip, durch boxhiebe nicht gelernte vokabeln aus den schülern herauszaubern zu können. viele freunde haben auch von schlagenden pastoren und kaplänen erzählt, was ich selbst nicht erlebt habe.
zu hause berichteten wir von solchen vorfällen nichts, weil wir angst hatten, direkt noch ´eine zu fangen´.

es wird heute im allgemeinen erzählt, dass uns diese schläge nicht geschadet hätten. meiner meinung nach gibt es da keinen unterschied zu den bedauerlichen fällen, in denen männer frauen prügeln, so dass der schaden an uns seinerzeit groß gewesen sein wird und eine abkehr und gegenwehr von teilen der damaligen jugend gegenüber ´dem establishment´ auch damit begründet werden könnte.

zu einer feierstunde mit dem damaligen bundespräsidenten heinrich lübke war unsere klasse in die godesberger stadthalle eingeladen worden. mit dem ausruf: ´der bundespräsident´ zog heinrich lübke von hinten in die stadthalle ein, alles erhob sich zu ehren des bundespräsidenten und wir kamen uns groß vor, dem nicht folge zu leisten und auf unseren stühlen sitzen zu bleiben.

bei einem besuch bei französischen freunden in beaune hörte ich jetzt, nicht nur auf fußball bezogen, erstaunliches: es wäre schön, dass die deutschen wieder ein natürliches verhältnis zu ihrer nationalität und ihrer fahne gefunden hätten! ich verzichtete darauf zu erklären, warum ich mich darüber nicht so recht freuen könnte, und suchte gründe dafür in meiner jugend im nachkriegs deutschland, wo ich die folgen von nationalismus, krieg und revanchismus zu zeiten des kalten krieges diesseits und jenseits des eisernen vorhangs nur zu gut miterlebt hätte.

nationalismus als bestandteil eines event- und konsumorientierten lebenslaufes mit highlight strategien ist nachvollziehbar, wobei es egal scheint, ob es sich dabei um ein höhenfeuerwerk, hockenheim oder deutschland handelt. schwarz-rot-gold gleichwertig neben adidas, bmw oder coca cola als hervorzauberbares emotions steigerndes produkt.

in der sz lese ich heute (29.7.06): was man zurückweist, hat einen zumindest einen moment lang berührt. in der psychoanalyse gilt ein abwehrmechanismus als zeichen der ambivalenz, als moment einer größten intimität. in diesem zusammenhang finde ich den gebrauch des wortes hassliebe (zusammengeschrieben und ambivalent!)sehr interessant und für viele einstellungen, bezüge und beziehungen in meinem leben zutreffend.

ein wort geisterte durch meine jugend: wiedergutmachung. in seinen einfachsten wortbestandteilen konnte man es eher für flaches kinderdeutsch halten, in seinen inhalten war es unfasslich und unfassbar. mit geld und waren sollte versucht werden, unrecht zu vergelten. wie kamen überhaupt wenige jahre nach einer totalen niederlage so viele materielle güter und so hohe entgeltungsbeträge zusammen?
am 10. september 1952 unterzeichnete konrad adenauer das luxemburger abkommen, in dem warenlieferungen im wert von 3,0 milliarden dm an israel und die zahlung von 450 millionen dm an die jewish claims conference vereinbart wurden.

wir als jugendliche kannten zumeist weder täter, taten, noch opfer und wunderten uns über geschichten aus nazi deutschland, die zumeist nur scheibchenweise an die bundesrepublikanische öffentlichkeit verfüttert wurden. aus angst, scham oder taktik schienen uns die täter ihre taten zu verschweigen. mein schulfreund günter s. hat mir damals in den sechzigern geholfen, meine familiär verkleisterten augen zu öffnen.

von meinem großvater hatte ich schon früh das wort entnazifizierung in seinen geschichten der ersten nachkriegszeit gehört und noch heute erscheint mir der stattgefundene exorzismus in seiner blauäugigkeit nicht nachvollziehbar. viele, die im herzen der vergangenheit treu verbunden waren, konnten es in der alten bundesrepublik bis zur quälenden offenlegung ihrer taten bleiben. freiwillige eingeständnisse von mitschuld sind in meiner erinnerung selten gewesen.

mosaiksteinchenweise ergaben persönliche erfahrungen (elternhaus, schule, kirche, umfeld, gerüchte), öffentliche diskussionen, linke presse (konkret) und berichterstattungen von prozessen (s.o) ein nicht notwendigerweise immer richtiges bild der vergangenheit.

von unseren vätern und großvätern, wenn wir noch welche hatten, waren wir zumindest wegen ihrer mitläuferschaft enttäuscht..., und ich bin am 12.08.2006 nicht weniger enttäuscht, denn, wenn jemand über sechzig jahre lang eine lebenslüge durch den tisch wachsen lässt, ist das mehr als ein vierfacher innerer kolberg im verschweigen und sich verstellen.

"Lieber unter Trümmern begraben, als kapitulieren!" - so die gleichnishaften Worte des Bürgermeisters von Kolberg, Joachim Nettelbeck (1738-1824).

wieder ein mosaiksteinchen (s.o.) für´s kleindeutsche mosaik, der lücken werden es hoffentlich immer weniger, sollte man meinen, und vielleicht sackt noch so manche medial augepumpte latexmaske nach luftverlust vom podest.

für mich war noch bemerkenswert an diesem augustwochenende, dass auf den seiten, die günter grass mit seinem schweigen narrativ benetzt, von seiner bekannten bindung an bildnerische kunst berichtet wird und gleichzeitig eine zeitungsspalte daneben von hitlers gemaltem mit dem absichtlich zweideutigen titel: welch talent. was für eine negative duplizität in der parallelität dieser zwei beziehungen zur kunst und wie abstoßend!

p.s.

es gab natürlich auch väter, die wir bewunderten. ich erinnere mich an piloten väter, die die flugzeuge im luftkampf geflogen hatten, die wir als faller, revell oder wilhelmshafener modelle nachbauten und die an der decke des 9qm großen zimmers hingen, das ich mir mit meiner mutter teilte.
es bleibt wahr: über den nachkriegs modellbau wurde ich zum temporären bewunderer einer deutschen kriegstechnologie, liebte die me 109, 262, ju 87, usw.!

es gibt wenige augenblicke in meinem leben, in denen mich der ästhetische kitsch besiegt hat, so bei meinen spanien aquarellen und ölbildern, von denen ich bei einer bonner praxis ausstellung 40 auf einen schlag verkaufte, so bei meinen ürziger mosel aquarellen, die mich zu süßesten farben greifen ließen.
heute hat mich eine information verändert, hat mein leckeres möselchen zu bitterer galle werden lassen: harald jung lässt in einem arte porträt den spanisch-französischen schriftsteller jorge semprun sein leben erzählen: von seiner entscheidung, nach dem verlorenen spanischen bürgerkrieg,
in paris das philosophiestudium abzubrechen und den kampf gegen die deutsche besatzung in der résistance wieder aufzunehmen. nach der gestapo verhaftung in paris führt seine deportation ins kz buchenwald die schienen durchs moseltal längs: tagelang im wagon stehend, wobei einige stehend starben. sempruns bekenntnis zur ehrlichkeit der überzeugung gipfelt in der annahme von folter und leiden in buchenwald.

die moselstrecke galt für mich durch ihre modellbauartige streckenführung in landschaftlicher schönheit als schaustück deutscher eisenbahnromantik, wovon ich wegen des obigen filmporträts jetzt abrücken möchte.

menschen und landschaften, wie gleichen sie sich in ihren abgründen!

in diesem zusammenhang bedrängen mich auch geschichten aus meinem spanischen wohnort vinaròs, am mittelmeer südlich des ebro deltas gelegen, von wo von francos chargen verhaftete ins kz mauthausen verbracht wurden. auf den fotos von der befreiung des kz mauthausens am 5. mai 1945 durch amerikanische truppen ist über dem kz eingang ein transparent zu sehen, auf dem die spanischen antifaschisten die befreier begrüßen.

darüber demnächst mehr




fortsetzung folgt

 

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